Grundfähigkeitsversicherung

Grundfähigkeitsversicherung – Schutz bei Verlust bestimmter Grundfähigkeiten

Es ist ein Irrglaube, dass eine Grundfähigkeitsversicherung das Arbeitseinkommen absichert. Sie schützt lediglich vor den finanziellen Folgen bei Verlust bestimmter Grundfähigkeiten – aber nicht zwangsläufig auch bei Berufsunfähigkeit.

Sie zahlt die vereinbarte monatliche Rente, wenn die versicherte Person durch Krankheit oder einen Unfall grundlegende menschliche Fähigkeiten wie beispielsweise Sehen, Sprechen, Hören, Gehen, Knien, Bücken oder den Gebrauch der Hände über einen längeren Zeitraum (je nach Tarif zwischen 6 Monaten und 3 Jahren) verloren hat.

Aber Handwerker – denen häufig eine solche Absicherung als preiswerte Alternative zur Berufsunfähigkeitsversicherung angeboten wird – verlieren ihren Job und damit ihr Einkommen in der Regel schon, wenn sie solche Grundfähigkeiten nur noch eingeschränkt ausüben können.

Denn abgesehen von einem Unfall, erfolgt ein solcher Verlust einer Grundfähigkeit häufig langsam. Vor allem bei schleichend oder in Schüben verlaufenden Krankheiten wird der Betroffene meist „nur“ berufsunfähig und verliert – wenn überhaupt – erst viele Jahre später auch eine der versicherten Grundfähigkeiten.

Wegen des reduzierten Schutzes ist eine Grundfähigkeitsversicherung i.d.R. auch deutlich preiswerter als eine Berufsunfähigkeitsversicherung.

Welche Grundfähigkeiten sind versichert?

Hierzu gibt es keine einheitliche Regelungen. Jeder Versicherer definiert seine eigenen versicherten Grundfähigkeiten – und auch den Umfang des für die Leistung erforderlichen Verlusts. Das macht eine Empfehlung schwierig. Denn niemand weiß im Vorfeld, was wichtig werden könnte. Beim „€xistenz-Schutz“ der Volkswohl Bund Lebensversicherung a.G. sind beispielsweise folgende Grundfähigkeiten versichert (Stand 12/2023):

Ein Verlust liegt vor, wenn das Sehvermögen der versicherten Person auch nach Einsatz von Hilfsmitteln (z. B. Brille, Kontaktlinsen) so stark eingeschränkt ist, dass
  • bei jedem Auge nur noch ein Restsehvermögen von höchstens 5 % oder
  • eine Einschränkung des Gesichtsfeldes auf höchstens 15 Grad Abstand vom Zentrum besteht.
Ein Verlust liegt vor, wenn bei der versicherten Person auch unter Nutzung von Hilfsgeräten (z. B. Hörgeräte) auf beiden Ohren eine Schwerhörigkeit vorliegt, die jeweils
  • einen Hörverlust von mindestens 75 % oder
  • bei einer Tonfrequenz von 2 kHz einen Hörverlust von mindestens 60 dB
aufweist. Der Hörverlust muss mittels Tonaudiogramm nachgewiesen werden.
Ein Verlust liegt vor, wenn die Sprechfähigkeit oder die sprachliche Ausdrucksfähigkeit der versicherten Person nach abgeschlossenem Spracherwerb auch bei Verwendung geeigneter Hilfsmittel (z. B. Kehlkopfmikrofon) so weit eingeschränkt ist, dass die versicherte Person von einem unabhängigen Dritten nicht mehr verstanden wird, weil sie keine verständlichen und sinnvollen Sätze mehr aussprechen kann.
Bei aphasischen Störungen (Sprachstörung nach Hirnschädigung durch z. B. Schlaganfall, Schädelhirntrauma) muss die Beeinträchtigung unter Verwendung entsprechender Tests, wie z. B. dem Aachener Aphasietest nachgewiesen werden.
Ein Verlust liegt vor, wenn die versicherte Person auf einfache Fragen nicht mehr sinnvoll antworten kann. Eine einfache Frage kann zum Beispiel sein: Wie viele Tage hat eine Woche?
Eine sinnvolle Antwort muss einen Bezug zu der gestellten Frage haben und von einem unabhängigen Dritten verstanden werden.
Bei aphasischen Störungen (Sprachstörung nach Hirnschädigung durch z. B. Schlaganfall, Schädelhirntrauma) muss die Beeinträchtigung unter Verwendung entsprechender Tests, wie z. B. dem Aachener Aphasietest nachgewiesen werden.
Ein Verlust liegt vor, wenn die versicherte Person ihren Geruchs- und Geschmackssinn vollständig verloren hat. Das bedeutet, dass sie auch intensive Geruchs- und Geschmacksstoffe wie beispielsweise
  • den Geruch von Essig oder Kaffee und
  • den Geschmack von Zucker oder Zitronensäure
nicht mehr wahrnimmt.
Dies muss durch objektive Riech- und Geschmacksprüfungen, zum Beispiel eine Elektroenzephalografie (EEG), belegt werden.
Ein Verlust liegt vor, wenn die versicherte Person mit der rechten oder mit der linken Hand nicht mehr in der Lage ist,
  • eine geöffnete Flasche mit Schraubverschluss zu verschließen und wieder zu öffnen oder
  • mit einer Schere ein Blatt Papier durchzuschneiden oder
  • eine Schraube, die an ein gedübeltes Loch angesetzt ist, mit einem Schraubendreher hinein- und wieder herauszudrehen oder
  • ein leeres Wasserglas, einen Pinsel oder Kochlöffel zu greifen und mit abgestütztem Unterarm 5 Minuten lang zu halten
Ein Verlust liegt vor, wenn die versicherte Person mit der rechten oder mit der linken Hand nicht mehr in der Lage ist,
  • einen unbeschädigten Reißverschluss einer Jacke aufzuziehen oder
  • eine passende Mutter auf ein fixiertes Regelgewinde von 10 mm Durchmesser (metrisches ISO-Gewinde M10) zu schrauben oder
  • eine Haustür mit Zylinderschloss aufzuschließen, wenn sich der Schlüssel bereits im Schloss befindet.
Ein Verlust liegt vor, wenn die versicherte Person aufgrund von motorischen Einschränkungen nicht mehr in der Lage ist, mit der dominanten Schreibhand mindestens 5 sinnvolle Wörter mit jeweils mindestens 10 Buchstaben
  • mit einem Schreibstift in Druckbuchstaben abzuschreiben, so dass ein unabhängiger Dritter diese Wörter lesen kann oder
  • mithilfe einer Tastatur oder der Bildschirmtastatur eines Smartphones oder Tablets (Displaygröße 5 Zoll oder mehr) abzutippen.
Ein Verlust liegt vor, wenn die versicherte Person nicht mehr in der Lage ist, den linken oder den rechten Arm
  • seitwärts zu bewegen und abgespreizt auf Schulterhöhe 10 Sekunden zu halten sowie
  • nach vorne zu bewegen, abgespreizt auf Schulterhöhe 10 Sekunden zu halten und in beide Richtungen zu drehen.
Ein Verlust liegt auch vor, wenn die versicherte Person weder einen Nackengriff noch einen Schürzengriff ausführen kann.
Ein Nackengriff bedeutet, dass beide Hände gleichzeitig hinter den Kopf bewegt werden und den Nacken 10 Sekunden lang berühren.
Ein Schürzengriff bedeutet, dass beide Hände gleichzeitig am Rücken zusammengeführt werden und dort 10 Sekunden lang gehalten werden.
Ein Verlust liegt vor, wenn die versicherte Person nicht mehr in der Lage ist, mit der rechten oder linken Hand einen 5 Kilogramm schweren Gegenstand mit Griff (z. B. einen Eimer) von einem Tisch anzuheben und diesen 5 Meter weit über einen ebenen und festen Boden zu tragen.
Für Kinder, die höchstens 14 Jahre alt sind, gilt abweichend ein Gewicht von einem Kilogramm.
Ein Verlust liegt vor, wenn die versicherte Person auch unter Verwendung geeigneter Hilfsmittel nicht mehr innerhalb von 20 Minuten
  • ein Gewicht von 85 Kilogramm auf einem manuellen Standard-Handwagen oder manuellen Standard-Handhubwagen 100 Meter weit auf ebenem, festem Boden ziehen oder
  • eine 85 Kilogramm schwere Person in einem manuellen Rollstuhl 100 Meter weit auf ebenem, festem Boden schieben
kann.
Geeignete Hilfsmittel sind zum Beispiel Prothesen, Orthesen oder Stützbandagen.
Für Kinder, die höchstens 14 Jahre alt sind, gilt abweichend das Eigengewicht, maximal jedoch 85 Kilogramm.
Ein Verlust liegt vor, wenn die versicherte Person nicht mehr in der Lage ist, 20 Minuten ununterbrochen auf einem Stuhl mit Rücken- und Armlehnen zu sitzen, auch nicht mit Änderung der Sitzposition.
Ein Verlust liegt vor, wenn die versicherte Person sich nicht mehr mit beiden Knien auf den Boden hinknien und sich danach aus eigener Kraft wieder aufrichten kann, auch nicht, wenn sie sich dabei am Boden abstützt.
Ein Verlust liegt vor, wenn die versicherte Person nicht mehr dazu in der Lage ist, sich auch mit gebeugten Knien so weit zu bücken, dass sie mit den Fingerspitzen beider Hände den Boden berühren kann, und sich danach aus eigener Kraft wieder aufzurichten.
Ein Verlust liegt vor, wenn die versicherte Person auch mit Veränderung der Körperhaltung nicht mehr in der Lage ist, selbstständig 10 Minuten lang ununterbrochen auf festem und ebenem Boden zu stehen, ohne sich abzustützen.
Ein Verlust liegt vor, wenn die versicherte Person auch bei Verwendung geeigneter Hilfsmittel (z. B. Prothesen, Orthesen, Unterarmgehstützen) nicht mehr selbstständig in der Lage ist, innerhalb von höchstens 20 Minuten eine Strecke von 400 Metern auf einem festen und ebenen Boden und ohne eine Pause, die länger als eine Minute dauert, gehend zurückzulegen.
Ist dies nur noch mit Hilfe eines Rollators möglich, liegt auch ein Verlust der Grundfähigkeit Gehen im Sinne dieser Bedingungen vor.
Ein Verlust liegt vor, wenn die versicherte Person auch mit Festhalten (z. B. an einem Treppengeländer) und auch bei Verwendung geeigneter Hilfsmittel (z. B. Prothesen, Orthesen, Unterarmgehstützen) nicht mehr selbstständig in der Lage ist, eine Treppe von 12 Stufen mit für Wohngebäude üblicher Stufenhöhe von 18 bis 20 cm und üblichem Bodenbelag hinauf- und hinabzusteigen, ohne eine Pause machen zu müssen, die länger als eine Minute dauert.
Ein Verlust liegt vor, wenn der Gleichgewichtssinn der versicherten Person dermaßen gestört ist, dass sie nicht mehr auf der obersten Stufe einer dreistufigen Haushaltsleiter 5 Minuten frei stehenbleiben kann, ohne sich abzustützen oder festzuhalten.
Die Störung muss durch
  • eine Verletzung oder organische Erkrankung des Gehirns (z. B. Multiple Sklerose, Schädelhirntrauma, Schlaganfall, Hirntumor, Epilepsie) oder
  • eine nachweisbare Schädigung des Gleichgewichtsorgans oder
  • eine Schädigung der kleinen Nerven der Füße und Unterschenkel (Polyneuropathie)
verursacht worden sein. Ausgeschlossen sind Polyneuropathien und Epilepsien, die nachweisbar auf Alkohol-, Drogen- oder Medikamentenmissbrauch zurückzuführen sind.
Ein Verlust liegt vor, wenn die geistige Leistungsfähigkeit der versicherten Person so schwer gestört ist, dass sie alltagsrelevante Tätigkeiten nicht mehr ausüben kann. Zur geistigen Leistungsfähigkeit gehören zum Beispiel das Gedächtnis, die Konzentration, die Aufmerksamkeit, die Auffassung, die Handlungsplanung, die zeitliche und räumliche Orientierung oder die Orientierung zur eigenen Person. Ursachen der Störungen können beispielsweise eine Hirnschädigung oder eine Psychose sein.
Zu den alltagsrelevanten Tätigkeiten zählen unter anderem:
  • Essenszubereitung,
  • Führung des Haushalts,
  • Vereinbarung von Terminen und
  • Strukturierung des Tages.
Die Störung der geistigen Leistungsfähigkeit muss unter Verwendung normierter psychometrischer Testverfahren festgestellt werden, die
  • durch einen Facharzt für Neurologie oder einen Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie durchgeführt werden und
  • den geltenden Leitlinien entsprechen.
Beispiele für solche Testverfahren sind:
  • Kognitive Basistestung, kurz COGBAT,
  • estbatterie zur Aufmerksamkeitsprüfung, kurz TAP,
  • Wechsler Memory Scale, kurz WMS,
  • Wisconsin Card Sorting Test, kurz WCST,
  • Kaufman-Neuropsychologischer Kurztest, kurz K NEK.
Die Ergebnisse der Testverfahren müssen beim Vergleich mit der zur Normierung verwendeten Stichprobe ergeben, dass die versicherte Person in ihrem Altersbereich zu den schwächsten 10 % gehört.
Ein Verlust der Fähigkeit eigenverantwortlich zu handeln liegt vor, wenn die versicherte Person aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung anhand eines psychiatrischen Gutachtens mindestens 6 Monate lang ununterbrochen gesetzlich betreut werden muss oder seit mindestens 6 Monaten ununterbrochen gesetzlich betreut wird.
Ausdrücklich vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sind alle Fälle, bei denen der Verlust der Fähigkeit eigenverantwortlich zu handeln ganz oder teilweise auf Alkohol-, Drogen- oder Medikamentenmissbrauch zurückzuführen ist.
Ein Verlust liegt vor, wenn die versicherte Person auch unter Verwendung geeigneter Hilfsmittel nicht mehr über einen zusammenhängenden Zeitraum von mehr als 2 Stunden Wörter und Symbole an einem Bildschirm erkennen kann. Hierbei müssen die in der Arbeitsstättenverordnung zur Bildschirmarbeit (ArbStättV) beschriebenen Spezifikationen eingehalten werden. Es gilt die zum Zeitpunkt der Beantragung der Leistungen gültige Fassung der ArbStättV.
Geeignete Hilfsmittel sind zum Beispiel eine Brille, Kontaktlinsen oder eine Bildschirmlupe.
Ein Verlust liegt vor, wenn die Pumpleistung des Herzens der versicherten Person durch eine Verletzung oder eine Erkrankung wie zum Beispiel Herzinfarkt, Herzklappenerkrankungen oder Entzündungen des Herzmuskels erheblich gemindert ist. Eine erhebliche Minderung der Pumpleistung liegt vor, wenn
  • die Ejektionsfraktion kleiner oder gleich 30 % oder
  • das Fractional Shortening kleiner oder gleich 15 % ist.
Ejektionsfraktion und Fractional Shortening sind Messgrößen für die Pumpleistung des Herzens. Die Normalwerte sind ungefähr doppelt so hoch wie die vorgenannten Werte.
Die Pumpleistung des Herzens muss unumkehrbar gemindert und auch durch Medikamente nicht dauerhaft über das oben beschriebene Maß verbesserbar sein.
Wir zahlen die Rente auch weiter, wenn sich die Funktionswerte durch eine Transplantation verbessern.
Ein Verlust liegt vor, wenn die Leistungsfähigkeit der Lunge der versicherten Person durch eine Verletzung oder Erkrankung (z. B. schweres Asthma, Emphyseme, chronische Entzündungen) dauerhaft und unumkehrbar erheblich eingeschränkt ist.
Das heißt,
  • die versicherte Person hat eine Sauerstoff-Langzeit-Therapie mit einem Umfang von mindestens 8 Stunden pro Tag begonnen und diese Therapie dauert noch an und
  • die verordnete Sauerstoff-Langzeit-Therapie erfolgt nach den gültigen medizinischen Leitlinien.
Wir zahlen die Rente auch weiter, wenn sich die Lungenfunktion durch eine Transplantation von Lungengewebe verbessert.
Ein Verlust liegt vor, wenn die versicherte Person aus gesundheitlichen Gründen nicht zum Führen eines Personenkraftwagens (PKW) in der Lage ist. Dies muss ein verkehrsmedizinisches Gutachten bestätigen. Zudem muss der Führerschein nachweislich bei der zuständigen Behörde unaufgefordert abgegeben oder die Fahrerlaubnis nach deutschen verwaltungsrechtlichen Vorschriften entzogen oder nicht erteilt worden sein.
Hat die versicherte Person zum Zeitpunkt des Verlustes das für sie geltende gesetzliche Mindestalter zum Erwerb der PKW-Fahrerlaubnis um mehr als 20 Jahre überschritten, gilt der Verlust nicht als Versicherungsfall, wenn die versicherte Person zuvor noch nie einen PKW-Führerschein besessen hat.
Ausdrücklich vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sind alle Fälle, bei denen der Verlust der Fähigkeit zum Autofahren ganz oder teilweise auf Alkohol-, Drogen- oder Medikamentenmissbrauch zurückzuführen ist.
Ein Verlust liegt vor, wenn die versicherte Person auch unter Verwendung geeigneter Hilfsmittel nicht mehr in der Lage ist,
  • ohne fremde Hilfe in ein Verkehrsmittel des öffentlichen Personennah- oder Personenfernverkehrs in Deutschland ein- oder auszusteigen oder
  • 20 Minuten darin während des Fahrbetriebs zu sitzen.
Geeignete Hilfsmittel sind dabei zum Beispiel Gehhilfen, Haltegriffe oder reservierte Sitze für Personen mit eingeschränkter Mobilität.

Aber bei den Versicherungsbedingungen gibt es noch keinen Marktstandard. Einige Gesellschaften wollen mit der Anzahl der Leistungsauslöser punkten – auch wenn sich diese teilweise überschneiden. Andere versuchen, mit zusätzlichen Grundfähigkeiten (z. B. „Riechen und Schmecken“) spezielle Zielgruppen (z. B. Köche) anzusprechen. Deshalb haben die Versicherer teilweise unterschiedliche Grundfähigkeiten definiert.

Aber hilft es beispielsweise einem Koch wirklich, wenn er erst Anspruch auf Versicherungsleistungen hat, wenn er Essig oder Kaffee nicht mehr riechen und Zucker oder Zitronensäure nicht mehr schmecken kann?

Bei manchen Tarifen hat der Versicherte auch erst Anspruch auf die monatliche Rente, wenn er mehrere der definierten Grundfähigkeiten verloren hat. Einen lesenswerten Artikel hierzu hat der geschätzte Maklerkollege Philip Wenzel hier veröffentlicht.

Die Kosten im Vergleich

Um die Beiträge zur Berufsunfähigkeits- (BU), Erwerbsunfähigkeits- (EU) und Grundfähigkeitsversicherung (GF) sinnvoll zu vergleichen, haben wir mit der Volkswohl Bund Lebensversicherung a.G. eine der wenigen Gesellschaften ausgesucht, die alle drei Versicherungsarten anbieten.

Für eine 25-jährige Krankenschwester berechnen sich bei einer versicherten monatlichen Rente in Höhe von 1.500 € bis zum 65. Lebensjahr folgende Zahlbeiträge (Stand: 01.12.2023):

in der BU-Versicherung

monatlich

122,55 €

(Tarifbeitrag: 188,54 €)

in der EU-Versicherung

monatlich

81,23 €

(Tarifbeitrag: 137,68 €)

in der GF-Versicherung

monatlich

53,33 €

(Tarifbeitrag: 76,19 €)

Für einen 25-jährigen Baufacharbeiter ergeben sich dagegen bei ansonsten gleichen Vorgaben folgende Zahlbeiträge:

in der BU-Versicherung

monatlich

209,94 €

(Tarifbeitrag: 322,99 €)

in der EU-Versicherung

monatlich

106,49 €

(Tarifbeitrag: 180,49 €)

in der GF-Versicherung

monatlich

69,73 €

(Tarifbeitrag: 99,62 €)

Ja – eine Grundfähigkeitsversicherung ist immer billiger als eine Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsversicherung vom gleichen Anbieter. Aber das liegt ja nicht daran, dass der Kunde bei dieser Versicherung etwas geschenkt bekäme. Das Versicherungsunternehmen muss hier nur seltener Leistungen auszahlen.

Im Umkehrschluss bedeutet dies aber auch: Viele Versicherte, die durch Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit ihren Job und damit ihr Einkommen verlieren, werden trotzdem keine Leistungen aus ihrer Grundfähigkeitsversicherung erhalten. Sie werden dann trotz Berufsunfähigkeit sogar die Beiträge für ihre Versicherung weiterbezahlen müssen. Denn kein Tarif enthält eine Beitragsbefreiung bei Berufsunfähigkeit.

Wenn sich die oben genannte Krankenschwester mit ihrem Gehalt wirklich keinen Berufsunfähigkeitsschutz leisten kann und sich statt dessen für eine Grundfähigkeitsversicherung entscheidet – wovon soll sie die Beiträge für diese Versicherung weiterbezahlen, falls sie „nur“ berufsunfähig wird? Und die Wahrscheinlichkeit einer Berufsunfähigkeit ist für die meisten körperlich Tätigen deutlich höher als die Wahrscheinlichkeit, eine versicherte Grundfähigkeit zu verlieren.

Ist die Grundfähigkeitsversicherung eine Alternative zur Berufsunfähigkeitsversicherung?

Manche Versicherungsvermittler empfehlen Grundfähigkeitsversicherungen, falls der umfassendere BU-Schutz zu teuer erscheint. Sie machen sich offenbar keinerlei Gedanken, warum diese preiswerter sind. Oder sie haben die Versicherungsbedingungen nicht verstanden.

Denn diese leistet eben nur, wenn eine versicherte Grundfähigkeit in dem definierten Umfang verlorengegangen ist. Der ausgeübte Beruf bleibt völlig unberücksichtigt. Da mag es zwar moralisch verwerflich sein, wenn beispielsweise die Krankenschwester keine Leistungen aus ihrer Grundfähigkeitsversicherung erhält, weil sie noch mit Unterarmkrücken laufen kann. Betrachtet man die Vertragsunterlagen, ist das aber korrekt. Das eigentlich Verwerfliche ist, diese Versicherungsform als Arbeitskraftabsicherung oder sogar als alternative Berufsunfähigkeitsabsicherung anzubieten.

Wenn eine Grundfähigkeitsversicherung nach Eintritt einer Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit leistet, dann passiert das eher zufällig und meist erst viele Jahre später. Und der Satz, „eine schlechte Arbeitskraftabsicherung ist besser als gar keine“, mag statistisch gesehen stimmen. Ob dies von Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit Betroffene auch so sehen, wenn sie nach jahrelanger Beitragszahlung keine Leistungen aus ihrer Versicherung erhalten, erscheint eher fraglich.

Bevor Sie sich aus Kostengründen für eine derartige Notlösung entscheiden, sollten Sie erst einmal versuchen, die Kosten der Berufsunfähigkeitsversicherung zu reduzieren. Denn diese bietet einen deutlich umfassenderen Versicherungsschutz und springt schon ein, wenn Sie Ihren Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben können.

Eine Grundfähigkeitsversicherung zur Arbeitskraftabsicherung
								ist wie eine KFZ-Versicherung, die nur nach einem Totalschaden leistet.

Die Grundfähigkeitsversicherung als Übergangslösung

Die eigentlich empfehlenswerte und bezüglich des Versicherungsschutzes deutlich umfassendere Berufsunfähigkeitsversicherung ist für Kinder zwar bereits ab dem 6. Lebensjahr abschließbar. Manche Eltern wollen ihren Kindern den BU-Schutz noch früher sichern. Hierzu bieten beispielsweise folgende Versicherer eine Grundfähigkeitsversicherung mit der Möglichkeit des Wechsels in eine Berufsunfähigkeitsversicherung an (Stand: 13.11.2020):

Gesellschaft
Tarif
möglich
ab ...
max. GF-Rente frühest möglicher BU-Wechsel Besonderheiten nach dem Wechsel
Baloise
GrundfähigkeitenVersicherung
6 Jahre 1.500 nach erfolgreichem Abschluss einer Berufsausbildung oder eines staatlich anerkannten Studiums und erstmaliger Aufnahme einer entsprechenden beruflichen Tätigkeit
  • Wechseloption für maximal 1.000 € BU-Rente
  • keine Nachversicherungsgarantie
  • maximal 3 % Beitragsdynamik
  • Wechseloption erlischt nach Vollendung des 27. Lebensjahres
Bayerische
ExistenzPlan
3 Jahre 1.000 nach erfolgreichem Abschluss einer Berufsausbildung oder eines staatlich anerkannten Studiums und der Aufnahme einer auf mehr als 24 Monate befristeten oder unbefristeten beruflichen Tätigkeit
  • maximal 1.000 € BU-Rente
  • keine ereignisunabhängige Nachversicherungsgarantie
  • maximal 3 % Beitragsdynamik
  • Wechseloption erlischt nach Vollendung des 30. Lebensjahres
Stuttgarter
GrundSchutz+
5 Jahre 1.000
  • nach Erreichen der gymnasialen Oberstufe (11. Klasse),
  • nach Abschluss der Aufstiegsfortbildung zum Meister (Meisterprüfung),
  • nach Abschluss eines akademischen Studiengangs oder
  • nach Abschluss eines Studiums oder einer Ausbildung und erstmaliger Aufnahme einer hauptberuflichen, nicht selbstständigen Tätigkeit
  • maximal 1.250 € BU-Rente
  • Die gesamte Jahresrente aller BU-Versicherungen darf maximal 15.000 € betragen. Ist diese Grenze erreicht, entfallen Nachversicherungsgarantie und Beitragsdynamik.
  • Wechseloption erlischt nach Vollendung des 30. Lebensjahres
Volkswohl Bund
€XISTENZ
5 Jahre 1.500 nach erfolgreichem Abschluss einer Berufsausbildung oder eines staatlich anerkannten Studiums und Aufnahme einer entsprechenden beruflichen Tätigkeit
  • maximal 1.500 € BU-Rente
  • Wechseloption erlischt nach Vollendung des 30. Lebensjahres

Für alle oben aufgeführten Tarife gilt:

  • Für den Wechsel in die Berufsunfähigkeitsversicherung gelten die zu diesem Zeitpunkt für das Neugeschäft geöffneten Tarife und Versicherungsbedingungen. Der Wechsel erfolgt zwar ohne erneute Gesundheitsprüfung, die Beiträge werden jedoch anhand des Alters und Berufs neu berechnet. Das Ziel, dem Kind – unabhängig von der Berufswahl – dauerhaft niedrige Beiträge zu sichern, wird dadurch verfehlt.
  • Für die Berufsunfähigkeitsversicherung gilt die in der Grundfähigkeitsversicherung vereinbarte Versicherungs- und Leistungsdauer. Lassen die Annahmerichtlinien für die dann ausgeübte berufliche Tätigkeit nur eine geringere Versicherungs- oder Leistungsdauer zu, werden diese entsprechend gekürzt.
  • Die Wechseloption erlischt grundsätzlich, wenn die versicherte Person bereits berufsunfähig (ohne Verlust einer Grundfähigkeit) ist oder war bzw. vermindert erwerbsfähig oder schwerbehindert ist.

Unser Tipp:

Wenn Sie vor einigen Jahren für Ihr Kind eine Grundfähigkeitsversicherung mit BU-Wechseloption abgeschlossen hatten, dann prüfen Sie nach Erreichen des 6. Lebensjahres mit uns gemeinsam, ob und zu welchen Konditionen mit dem jetzigen Gesundheitszustand und Freizeitrisiken der Neuabschluss einer vollwertigen Berufsunfähigkeitsversicherung mit Dynamik und Nachversicherungsgarantie möglich ist. Falls der Abschluss möglich und günstig ist, sichern Sie Ihrem Kind die niedrigen Beiträge dauerhaft und kündigen Sie danach die „alte“ Grundfähigkeitsversicherung mit der ungewissen BU-Wechseloption. Ihr Kind wird es Ihnen später danken.