Wenn die Überschussbeteiligung sinkt, steigt der Zahlbeitrag
erstellt am 22.12.2017
Es sollte eine Ausnahme sein. Aber es kommt immer wieder vor, dass einzelne Versicherer die Überschussbeteiligung bestehender Berufsunfähigkeitsversicherungen reduzieren. Durch die geringere Überschussbeteiligung erhöht sich dann der zu zahlende Beitrag. Wenn dies nicht ausschließlich als Schutzmaßnahme vor einer Insolvenz des Anbieters erfolgt, werden sich die Versicherungsnehmer getäuscht fühlen und ihr Vertrauen in den Versicherer verlieren. Schließlich hatten sie bei Antragstellung Bedingungen und Beiträge verglichen und sich auch wegen des niedrigen Zahlbeitrag für diesen Tarif entschieden.
Trotzdem sollten Sie nicht voreilig handeln und die Vor- und Nachteile der Möglichkeiten in Ruhe abwägen.
Wie beeinflusst die Überschussbeteiligung den Zahlbeitrag?
Zunächst kalkuliert der Versicherer bei einer Berufsunfähigkeitsversicherung nach deutschem Recht einen Tarif- bzw. Bruttobeitrag. Dieser wird so vorsichtig kalkuliert, dass die Versicherungsleistungen unter Berücksichtigung der zu erwartenden BU-Fälle und Verwaltungskosten jederzeit erbracht werden können.
Durch diese vorsichtige Kalkulation entstehen in der Regel Überschüsse, an denen der Versicherungsnehmer beteiligt wird. Bei BU-Versicherungen erfolgt dies während der Beitragszahlungsdauer meist durch eine Gewinnverrechnung – die Überschüsse reduzieren den Tarifbeitrag auf den tatsächlich zu zahlenden Zahlbeitrag (häufig auch Nettobeitrag genannt). Da die Überschüsse jedoch nur für das jeweils kommende Jahr festgesetzt werden, ist der Zahlbeitrag keinesfalls für die gesamte Versicherungsdauer garantiert. Er steigt, wenn die Überschussbeteiligung sinkt.
Deshalb ist es beim Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung empfehlenswert, nicht nur auf den Zahlbeitrag – sondern auch auf den Tarifbeitrag zu achten.
Welche Konsequenzen hat die Beitragserhöhung für den Versicherer?
Klar – mit den Mehreinnahmen verbessert der Versicherer seine finanzielle Situation. Vielleicht erreicht er damit auch wieder gute Unternehmensratings, die er für seine Werbeziele einsetzen kann.
Temporär schadet es aber seinem Ruf, denn er setzt das Vertrauen seiner Kunden aufs Spiel. Auch Mitbewerber werden die (Fehl-)Kalkulation der bisherigen Überschüsse anprangern und für eigene Werbezwecke nutzen.
Das Hauptproblem ist jedoch die einsetzende Selektion. Junge und gesunde Versicherte werden diese Beitragserhöhung nicht akzeptieren und schnell eine neue BU-Versicherung mit vergleichbarem Schutz und niedrigeren Beiträgen finden. Versicherte mit inzwischen erlittenen Vorerkrankungen werden kaum wechseln können und den höheren Beitrag akzeptieren müssen. Dadurch tendiert der Versicherungsbestand zu Versicherten mit höherem Berufsunfähigkeitsrisiko. Daraus kann sich leicht ein Teufelskreis entwickeln.
Welche Möglichkeiten haben Sie als Versicherungsnehmer?
Eine Berufsunfähigkeitsversicherung können Sie immer zum Ende eines Versicherungsjahres kündigen – bei unterjährlicher Zahlweise auch zum Ende der jeweiligen Zahlungsperiode, sofern der Vertrag ein Jahr bestanden hat. Kündigen Sie die bestehende Versicherung aber keinesfalls voreilig, sondern erst nach verbindlicher Zusage des BU-Schutzes durch einen neuen Versicherer.
Prüfen Sie zusammen mit einem Fachmann (gern auch mit uns), ob Sie unter Berücksichtigung Ihrer individuellen Situation (Alter, Beruf, Gesundheits- und Freizeitrisiken) einen preiswerteren, aber ansonsten vergleichbaren oder besseren BU-Schutz bekommen könnten.
Ist ein vergleichbarer BU-Schutz nicht preiswerter, sollten Sie die Erhöhung des Zahlbeitrags akzeptieren. Dann ist das BU-Risiko offensichtlich gestiegen und ein etwas teurerer BU-Schutz vermutlich besser als gar keiner.
Was sollten Sie vor einem Wechsel beachten?
- Prüfen Sie, ob sich ein Wechsel der Berufsunfähigkeitsversicherung überhaupt lohnt. Wenn Sie damals versicherte BU-Rente, Versicherungsdauer und Versicherungsbedingungen optimal ausgewählt hatten und der Zahlbeitrag auch trotz der Erhöhung noch günstig ist, lohnt sich ein Wechsel vermutlich gar nicht. Auch wenn sich Ihre Berufstätigkeit in der Zwischenzeit nicht geändert hat, so kann der Versicherer Ihren Beruf inzwischen besser oder auch schlechter einstufen. Mit unserem Onlinerechner können Sie sich schnell einen ersten Überblick bei normalen Risikoverhältnissen verschaffen.
- Bedenken Sie, dass bei einem neuen BU-Antrag alle Antragsfragen neu zu beantworten sind. Dies betrifft sowohl die Fragen zur Gesundheit, als auch die Fragen
zu besonderen Berufs- und Freizeitrisiken. Damit beginnen auch die Fristen bezüglich Kündigung,
Rücktritt oder Anfechtung des Vertrag durch den Versicherer neu.
Sind seit Abschluss Ihres bestehenden Vertrags mindestens 5 Jahre vergangen, kann der Versicherer nicht mehr vom Vertrag zurücktreten – selbst wenn Sie damals fahrlässig eine Frage falsch beantwortet haben sollten. Sind bereits 10 Jahre vergangen, ist auch keine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung mehr möglich. Wie gesagt – bei einem Neuvertrag beginnen diese Fristen neu. - Sollten Sie sich für einen Neuantrag entscheiden, recherchieren Sie Ihre Vorerkrankungen genau. Haben Sie bereits Vorerkrankungen erlitten oder betreiben Sie ein risikobehaftetes Hobby, stellen Sie mit unserer Hilfe zunächst nur eine Risikovoranfrage.
- Kündigen Sie eine bestehende Versicherung erst, wenn Sie eine verbindliche Zusage für die Annahme des neuen Antrags haben.
- Lassen Sie sich vor einem Wechsel beraten – wir helfen Ihnen gern!
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