Verkehrsdelikte

Berufsunfähigkeitsversicherung – Wer leistet bei eigenem Verkehrsverstoß?

vorsätzlicher Verkehrsverstoß mit Fahrrad

Grundsätzlich zahlt keine Versicherung, wenn die Berufsunfähigkeit durch die vorsätzliche Ausführung oder den strafbaren Versuch eines Verbrechens oder Vergehens seitens der versicherten Person eingetreten ist. Dies erscheint auch logisch und nachvollziehbar. Denn eine Versicherung soll ja nicht noch Versicherungsschutz bei vorsätzlich begangenen Taten oder bei der Ausübung strafbarer Delikte bieten!

Doch bei einem selbst verschuldeten Unfall im Straßenverkehr kann schnell ein vorsätzliches Handeln oder ein strafbares Vergehen unterstellt werden!

Nur wenige Wenige Versicherer leisten ausnahmslos auch bei vorsätzlichen Verkehrsdelikten, manche nur bei vorsätzlichen Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr.

Verkehrsdelikte und mögliche Folgen

Es gibt viele Verkehrsdelikte, die entweder als Verbrechen oder als Vergehen definiert sind. Von Verbrechen sprechen Juristen, wenn sie mindestens mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr oder darüber geahndet werden können. Vergehen sind dagegen Straftaten, für die im Mindestmaß eine geringere Freiheitsstrafe oder eine Geldstrafe droht. Von einer Ordnungswidrigkeit spricht man von einer geringfügigen Verletzung von Recht und Gesetz.

Wer also bei strafbaren Verkehrsdelikten nur an

  • das Führen eines Fahrzeugs unter Alkohol- oder Drogeneinfluss,
  • das Fahren ohne Fahrerlaubnis bzw. trotz Fahrverbots,
  • das Fahren eines Kraftfahrzeugs ohne die erforderliche Haftpflichtversicherung
  • die Teilnahme an illegalen Autorennen auf öffentlichen Straßen

denkt und dies zurecht verurteilt, denkt zu kurz.

Auch das Fahren mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit, das Drängeln auf der Autobohn oder das bewusste Ignorieren von Verkehrszeichen, Ampeln oder anderen Verkehrssignalen kann je nach Situation und Bundesland als vorsätzliche Straftat oder vorsätzliche Ordnungswidrigkeit betrachtet werden. Das gilt nicht nur für Autofahrer, sondern auch für Radfahrer, Rollerfahrer und Fußgänger.

Und wer kann beispielsweise schon von sich behaupten:

  • als Fußgänger noch nie die Straße bei Rot überquert zu haben,
  • mit dem E-Scooter noch nie auf dem Fußweg gefahren zu sein oder
  • als Radfahrer noch keine Einbahnstraße in die falsche Richtung befahren zu haben?

Das sind sicherlich alles vorsätzliche Verkehrsverstöße. Und wenn bei einem solchen Unfall auch ein anderer Verkehrsteilnehmer verletzt oder sogar getötet wird, ermittelt in der Regel der Staatsanwalt und der Vorwurf eines vorsätzlichen und strafbaren Vergehens steht im Raum. Die meisten Berufsunfähigkeitsversicherungen leisten in einem solchen Fall nicht – selbst wenn der Versicherte unstrittig berufsunfähig ist. Manche Versicherer leisten noch bei vorsätzlichen Ordnungswidrigkeiten – jedoch nicht bei Berufsunfähigkeit infolge einer Straftat.

Einige Versicherer leisten auch bei eigenem, vorsätzlichem Verkehrsverstoß!

Natürlich bin ich nicht der Meinung, dass jemand bei der Ausübung einer Straftat Versicherungsschutz genießen sollte. Aber Verkehrsdelikte hat vermutlich schon jeder begangen. Die Grenzen zwischen grob fahrlässig und vorsätzlich sind häufig fließend. Insbesondere im Straßenverkehr kann es für den Beschuldigten schwierig werden, den Vorwurf eines vorsätzlichen Handelns abzuwehren. Deshalb empfinde ich es als vorteilhaft, wenn auch vorsätzliche Verkehrsdelikte mitversichert bleiben. Eine diesbezüglich verbraucherfreundliche Formulierung lautet:

Grundsätzlich besteht unsere Leistungspflicht unabhängig davon, wie es zu der Berufsunfähigkeit gekommen ist. Soweit nicht etwas anderes vereinbart ist, leisten wir jedoch nicht, wenn die Berufsunfähigkeit verursacht ist:
  • durch vorsätzliche Ausführung oder den strafbaren Versuch eines Verbrechens oder Vergehens durch den Versicherten. Verkehrsdelikte und fahrlässige Verstöße sind von diesem Ausschluss nicht betroffen.

Bei dieser Definition leistet der Versicherer auch bei einer Berufsunfähigkeit durch einen selbstverschuldeten Verkehrsunfall – selbst dann, wenn dem Betroffenen ein vorsätzliches Handeln unterstellt wird. Lediglich außerhalb des Straßenverkehrs, bleibt der Versicherungsschutz – wie bei allen anderen Tarifen auch – auf fahrlässige Vergehen eingeschränkt. Leider wird diese Formulierung nur von sehr wenigen Versicherern angeboten.

Manche Formulierungen täuschen umfassenden Versicherungsschutz lediglich vor!

  • So ersetzen einige Versicherer in der o.g. Formulierung das Wort „Verkehrsdelikte“ durch das Wort „Ordnungswidrigkeiten“
    Ja – manchmal kommt es auf jedes Wort an! Problematisch daran ist, dass es zwischen Ordnungswidrigkeit und Straftat keine scharfe Trennlinie gibt. Das vorsätzliche Fahren mit überhöhter Geschwindigkeit kann beispielsweise im Falle eines Unfalls ohne Personenschaden noch als Ordnungswidrigkeit geahndet werden – im Falle eines Unfalls mit schwerem Personenschaden des Unfallgegners aber durchaus auch als Straftat. Und wie verhält sich der Versicherer in der Zeit bis endgültig geklärt ist, ob es zu einer Anklage wegen einer Straftat kommt oder der Vorgang zur Ahndung der Ordnungswidrigkeit an die Verwaltungsbehörde zurückgegeben wird? Bisher hat mir noch keiner dieser Versicherer darauf geantwortet.
  • Einige Versicherer schreiben auch in ihren Versicherungsbedingungen:
    Grundsätzlich besteht unsere Leistungspflicht unabhängig davon, wie es zu der Berufsunfähigkeit gekommen ist. Soweit nicht etwas anderes vereinbart ist, leisten wir jedoch nicht, wenn die Berufsunfähigkeit verursacht ist:
    • durch vorsätzliche Ausführung oder den strafbaren Versuch eines Verbrechens oder Vergehens durch die versicherte Person. Einfache und grob fahrlässige Verstöße (z. B. im Straßenverkehr) sind davon nicht betroffen.
    Hier wird zu unserer Beruhigung zwar ergänzt, dass einfache und grob fahrlässige Verstöße (z. B. im Straßenverkehr) nicht ausgeschlossen sind. Vorsätzliche Vergehen im Straßenverkehr bleiben damit aber trotzdem ausgeschlossen.

Mit unserem Vergleich zur Berufsunfähigkeitsversicherung können Sie gezielt die Tarife auswählen, die auch bei Berufsunfähigkeit infolge eigener, vorsätzlicher Verkehrsdelikte leisten.

Fazit:

Die Mitversicherung von Berufsunfähigkeit infolge vorsätzlicher Verkehrsverstöße hat in der Praxis zweifellos nicht die Bedeutung wie beispielsweise der Verzicht auf abstrakte Verweisung oder die Verkürzung des Prognosezeitraums. Im Einzelfall kann aber auch dieser Punkt ausschlaggebend für die Zahlung oder Nichtzahlung einer BU-Rente sein. Wenn Sie keinen diesbezüglichen leistungsausschluss wünschen, dann lesen Sie in den Versicherungsbedingungen den genauen Wortlaut dieses Punktes nochmals nach oder lassen Sie sich von uns beraten.

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1 Kommentar:
Paul D. schreibt am 02.05.2018:

Ich finde ihre Website sehr informativ. Aber meines Wissens leistet auch die Zürich bei Berufsunfähigkeit infolge vorsätzlicher Verkehrsverstöße. Das wird in ihrem Vergleich nicht korrekt dargestellt.

Gerd Kemnitz antwortet am 02.05.2018:
Vielen Dank für Ihren Hinweis. Entsprechend den aktuellen Versicherungsbedingungen der Zurich Lebensversicherung AG wird nur Berufsunfähigkeit infolge vorsätzlicher Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr mitversichert. Wird der Verstoß als Straftat eingestuft, hätte der Versicherte also keinen Anspruch auf BU-Leistungen. Deshalb müssen wir unsere Einstufung beibehalten.
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